Der Verein „Arché“ hat sich auf die Förderung des Kulturtourismus spezialisiert. Immer mehr Urlauber zieht es aufs Land, wo man sich nebst der Besichtigung von ehemaligen Adelssitzen und Landhäusern auch aktiv am Leben der Gemeinschaft beteiligen kann.
In den letzten Jahren hat das Interesse an alten Adelssitzen in Rumänien zugenommen. Ob es nun die wachsende Zahl von Neugierigen ist, die auf der Suche nach alten Herrenhäusern in die Dörfer gehen, oder Unternehmer, die sich auf das Abenteuer einlassen, solche Gebäude in ihrer früheren Schönheit zu restaurieren – es gibt einen wachsenden Trend zur Wiederentdeckung von Schlössern und außerstädtischen Adelssitzen. Rumänien hat einen großen Vorteil auf dem Tourismusmarkt hinsichtlich des baulichen kulturellen Erbes, sagt Alina Chiciudean, Präsidentin des Vereins ARCHÉ, der den Kulturtourismus fördert:
„Wir haben Landschaften mit natürlichen und von Menschenhand geschaffenen Elementen, die absolut einzigartig sind. Die Menschen, die ich treffe, fallen in die Kategorie der Touristen, die mehr erleben möchten, als nur die Denkmäler zu besichtigen. Wären wir ein normales Reisebüro, würden wir wahrscheinlich Bukarest besuchen, einen Tagesausflug in das Prahova-Tal machen, das Schloss Bran, das Schloss Peleș und vielleicht auch das Donaudelta abhaken, wenn es die Zeit erlaubt. Doch wir bieten authentische Erlebnisse in dem Sinne, dass wir, wenn wir von Bukarest aus weiter nach Norden fahren würden, auf dem Landgut Cantacuzino in Florești Halt machen würden. Es liegt in der Nähe von Ploiești und ist ein beeindruckendes, 150 Hektar großes Anwesen, das aus einem Hauptgebäude und mehreren Anbauten, einem ehemaligen Jagdpark und einem Wanderpark besteht. Dort kann man nicht allein den Ort und das Anwesen besichtigen, sondern Ansässige der örtlichen Gemeinschaft treffen, Kinder und Jugendliche aus der Gemeinde, die jede Woche kommen, wenn die Stiftung, die das Gut verwaltet, eine Aktivität organisiert. Auf diese Weise können unsere Gäste das wahre Rumänien entdecken und die unverfälschte und erfrischende Natur der Menschen erleben, die ihr ganzes Leben auf dem Land gelebt haben und eine andere Verbindung zur Natur haben – generell eine andere Art, die Dinge zu sehen. Es gibt viele Anfragen unserer Kunden um solche Erfahrungen, vor allem von unseren Partnern in Europa.“
Im nordostrumänischen Landkreis Jassy liegt die Gemeinde Țibănești. Hier gibt es ein Baudenkmal, das zu Beginn des 19 Jh. errichtet wurde. Das Landhaus wurde im Auftrag der ursprünglich aus dem Baltikum stammenden Adelsfamilie Carp erbaut, die sich im 16. Jh. hier niedergelassen hat. Es ist ein weiterer Ort, an dem sich das Wissen über das Kulturerbe mit der faszinierenden Welt der lokalen Handwerker verbindet. Alina Chiciudean vom Tourismusförderungsverband ARCHÉ erörtert das Angebot:
„Dort organisieren Partner und Freunde von uns Jahr für Jahr Veranstaltungen, führen eine Sommerschule durch und haben ein voll ausgestattetes Mehrjahresprogramm, das den Besuchern die Kunst der Schmiedearbeit nahebringt. Touristen können dort Kunsthandwerker bei der tagtäglichen Arbeit treffen und dürfen ihnen dabei über die Schulter schauen. Es ist eine Erfahrung, bei der man den Handwerker in seiner Werkstatt beim Arbeiten sieht und dann erfährt, wie die Ergebnisse seiner Kunst in den Restaurierungsprozess des historischen Gebäudes integriert werden. Zu einem weiteren Ort, den wir empfehlen und der in einem anderen Landesteil liegt: Im Süden Siebenbürgens, in der Ortschaft Apoș, können Touristen, die gerne Familienausflüge unternehmen, den Namen ihres Kindes in eine Fliese meißeln lassen, die von einem traditionellen Handwerker hergestellt wurde. Wir haben eine Vielzahl von Angeboten. Wichtig ist, dass man sich für diese Art von Aktivität, die immer beliebter wird, auch wirklich interessiert. Durch den zeitlichen Bogen zwischen der althergebrachten Lebensweise und dem heutigen Leben können wirklich schöne und erbauliche Dinge entstehen, insbesondere für die jüngere Generation.“
Der Verein ARCHÉ ist eine gemeinnützige Organisation, die sich mit der Erforschung, Erhaltung, Aufwertung und Förderung des kulturellen Erbes beschäftigt. Zu ihren Aktivitäten gehört das einzigartige Programm zur Wiederentdeckung weniger bekannter Burgen in Rumänien: Castle Break wurde bereits vor zehn Jahren ins Leben gerufen. Heute versuchen die großen Reiseagenturen, diese Denkmäler, von denen einige saniert wurden, in die Pakete zu integrieren, die sie ihren Kunden anbieten. Auch das Profil der Touristen habe sich im Laufe der Zeit verändert, sagt zum Schluss Alina Chiciudean, die Leiterin des Vereins:
„Ich stelle fest, dass die Menschen, zumindest nach der Pandemie, nicht mehr auf der Suche nach einer rein ästhetischen Entdeckung sind, sondern dem schönen Ort, an dem sie sich befinden, ihren kreativen Stempel aufdrücken wollen. Letztes Jahr, ja sogar schon vor zwei Jahren, habe ich zahlreiche Initiativen vorgeschlagen, bei denen Touristen für einen Nachmittag zu Gärtnern werden konnten, selbstverständlich nachdem wir die erforderlichen Genehmigungen eingeholt hatten. Die Arbeit in einem historischen Garten oder Park darf ja nicht von jedermann ausgeführt werden, weshalb diese Erfahrung umso wertvoller ist, als sie alle geltenden Verfahren und Regeln befolgt. Deshalb pflanzen wir im Herbst und im Frühjahr, wir reinigen einen Garten und wir wissen dabei, dass unsere Anwesenheit und unser Besuch Bestand haben und zu etwas Wertvollem beitragen. Das ist das Schöne am Kulturerbe. Wenn man an einen solchen Ort kommt, merkt man, dass man Hunderte von Jahren Arbeit vor sich hat, eine mühsame und langwierige Arbeit mit viel Herzblut, um dorthin zu gelangen, wo das Gebiet oder das Denkmal jetzt ist. Wir haben also einen Tourismus des Engagements, und viele ausländische Touristen begeistern sich dafür. Sie sind es gewohnt, sich für gemeinnützige Sachen zu engagieren, ein aktives Leben zu führen. Es sind meistens junge, kräftige Leute, und wir versuchen, solche standardisierten Erfahrungen auch heimischen Touristen anzubieten, aber meistens reagieren wir auf Nachfrage. Wir haben ein interdisziplinäres Team: Architekten, Historiker, Kunsthistoriker, Kommunikationsfachleute, alle Berufe, die mit dem Kulturerbe zu tun haben. Wir begleiten unsere Touristen und erzählen ihnen echte Geschichten, nicht nur Sagen oder Legenden über den Ort. Die Touristen lernen etwas dabei und können Produkte direkt vom Bauern in der Nähe oder aus der örtlichen Gastronomie essen. Das bisschen Arbeit im Garten, im Freien, regt sicherlich den Appetit an. Natürlich darf man auch schöne Fotos für die Erinnerung schießen – das Erlebnis ist damit komplett.“
Auf dem rumänischen Staatsgebiet sind heute rund tausend ehemalige, außerhalb der Stadt gelegene Landgüter und Anwesen erhalten – Wohnsitze der lokalen Elite aus dem 16. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einige wurden restauriert, andere sind verfallen, und wiederum andere sind Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten zwischen Erben. Ein Abstecher zu den inzwischen von der Tourismusbranche erschlossenen Adelssitze lohnt sich auf jeden Fall.
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